Berlin. Angesichts der weiteren Verschärfung der Corona-Lage sollen nun die Bundesländer nun doch über den 25. November hinaus Lockdowns verhängen können. Das geht aus der Beschlussvorlage für den Bund-Länder-Gipfel an diesem Donnerstag hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.
„Die Länder werden bei besonders hohem Infektionsgeschehen mit besonders hoher Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems im jeweiligen Land (Hotspot) von den weitergehenden Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes konsequent Gebrauch machen“, heißt es darin. Sie könnten dann im Rahmen der landesrechtlichen Regelungen gemeinsam mit den Landesparlamenten – erforderliche Maßnahmen ergreifen.
Möglich wird dies, weil bei den zuvor an diesem Donnerstag geplanten Beschlüssen im Bundestag von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP, eine entscheidende Öffnungsklausel für die Länder eingebaut worden ist.
Demnach sollen regionale Lockdowns auch nach dem Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite möglich bleiben. Das geht aus kurzfristigen Änderungen im Hauptausschuss des Bundestags hervor.
Demnach soll der gesamte Instrumentenkasten mit Lockdowns, Ausgangssperren und Schulschließungen für die Bundesländer „bis längstens zum Ablauf des 15. Dezember 2021 für Schutzmaßnahmen“ erlaubt bleiben – allerdings nur, wenn die Bundesländer diese bis zum geplanten Auslaufen der epidemischen Lage am 25. November anordnen. Entscheidungen dazu müssten also kommende Woche fallen.
Flächendeckende 2G-Regelung kommt
Noch offen ist in der Beschlussvorlage für den Bund-Länder-Gipfel, ab welchem Hospitalisierungs-Wert, also der Krankenhausbelegung mit Covid-19-Patienten die Maßnahmen greifen sollen.
Zudem soll bundesweit flächendeckend eine 2G-Regel eingeführt werden: Der Zugang zu „Freizeitveranstaltungen und -einrichtungen, Kulturveranstaltungen und -einrichtungen, Sportveranstaltungen und -ausübungen und übrigen Veranstaltungen – insbesondere in Innenräumen -, gastronomischen Einrichtungen, körpernahen Dienstleistungen und Beherbergungen “ solle sich auf Geimpfte und Genesene beschränken, um die Infektionsdynamik zu brechen, heißt es in der Vorlage.
Wird ein ebenfalls noch festzulegender Hospitalisierungswert überschritten, soll sofort auf 2G-Plus umgestellt werden, Geimpfte und Genesene brauchen dann zusätzlich einen negativen Corona-Test.
Unionsländer wollen Auslaufen der Notlage blockieren
Vor allem die Unions-Seite macht Druck für bundesweit einheitliche Regeln; CDU und CSU wollen sich augenscheinlich noch nicht mit dem Ende der epidemischen Notlage zufrieden geben.
Das geht aus einem Brief des NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst an Olaf Scholz und die Landesregierungen hervor, in dem die unionsgeführten Bundesländer darauf bestehen, dass die Notlage weiter gilt. Der Brief liegt dem Tagesspiegel vor, als erstes hatte das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ darüber berichtet. Wüst ist aktuell Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Der CDU-Politiker mahnt in dem Brief: „Angesichts des sprunghaften und dynamischen Infektionsgeschehens mit absoluten Höchstzahlen an Neuinfektionen ist aus Sicht der B-Seite das Auslaufen der epidemischen Lage unverantwortlich.“ Deshalb sei der Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung aus Sicht der B-Seite (das sind die Unionsländer) im Bundesrat „nicht zustimmungsfähig“. Die Krux daran: Dann würde die Notlage mit ihren bisherigen Instrumenten automatisch auslaufen und es gäbe gar kein geordnetes Krisenmanagement mehr.
Einen Kompromiss bietet Wüst in dem Brief daher gleich mit an: Die Bundesländer müssten die Möglichkeit haben, flexibel mit weitgehenden Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können. Genau das scheint mit den Änderungen am Gesetzesvorschlag der Ampel nun möglich – und wird nun entsprechend in der Beschlussvorlage aufgenommen.
Einen ähnlichen Ton wie Wüst hatte zuvor Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer Veranstaltung des Deutschen Städtetags angeschlagen. Die Lage sei dramatisch, mahnte sie. „Die vierte Welle trifft unser Land mit voller Wucht.“ Die Zahl der Corona-Fälle, -Intensivpatienten und -Toten steige. Die Spitzen von Bund und Ländern müssten am Donnerstag ein klares Signal aussenden, dass alles getan werden müsse, um die Pandemie zu bremsen. Auch Merkel sprach sich gegen ein Ende der epidemischen Notlage aus.
PM/Der Tagesspiegel